Geschichtliche Notizen über "St. Anna Davensberg"
Die ersten geschichtlichen Nachrichten über das Heiligtum der Mutter Anna in Davensberg entnehmen wir der Bulle des Papstes Innozenz VIII. aus dem Jahre 1497, durch die dem damaligen Besitzer der Burg Davensberg, dem Edlen Herrn Balthasar von Büren, die Genehmigung zum Bau einer neuen Burgkapelle erteilt wird. Von dieser Bulle besitzt das Pfarrarchiv Davensberg eine Kopie, die der Vikar Josef Schwane im Jahre 1790 im "Registrum Vicariae Davensbergensis" (Register der Vikarie von Davensberg) angefertigt hat. Das Original der päpstlichen Bulle befindet sich im Archiv Nordkirchen, das heute im Amt für Archivpflege im Landschaftsverband Westfalen-Lippe unter der Nr. 1055, Urkunde 990, aufbewahrt wird. Da Papst Innozenz VIII. bereits im Jahre 1492 verstorben ist, kann die Bulle, die sowohl im Original wie in allen bekannten Abschriften datiert ist mit dem Jahre 1497, nicht aus der Feder Innozenz VIII. stammen. Die Geschichtlichkeit der Urkunde bedarf noch einer näheren Untersuchung.
Der genannte Balthasar von Büren, der vermählt war mit der Edlen Frau Elisabeth von Wickede, war der vierte Nachfolger jenes Berthold von Büren, der im Jahre 1322 die Erbtochter von Davensberg, Gerburgis von Meinhövel zu Davensberg ehelichte und dadurch Herr auf Davensberg wurde. Er entstammt der einflußreichen und bedeutenden Familie der Herren von Büren, die als die Gründer der Stadt Büren gelten und deren letzter männlicher Vertreter jener Moritz von Büren ist, der von 1629 - 1644 Präsident am Reichskammergericht im Speyer war und später in den Jesuitenorden eintrat, dem er sein ganzes Vermögen vermachte, unter anderem auch zum Bau des Kollegs und der berühmten Barockkirche "Mariä Himmelfahrt" in der Stadt Büren. Das Grab dieses Moritz von Büren, der im Jahre 1661 auf Haus Geist bei Oelde starb, befindet sich in der St. Petri Kirche zu Münster, wo es im Jahre 1957 bei Arbeiten am Chor der Kirche durch Zufall entdeckt wurde. Heute ist es an der Rückseite der Kirche angebracht. Berthold von Büren, der Stammvater der Davensberger Linie, ist der erste Sohn aus der Wewelsburger Linie der von Büren, die, wie auch die Davensberger, den springenden schwarzen Löwen mit der Krone im Wappen führen. Die Erbtochter von Davensberg, Gerburgis, die Berthold im Jahre 1322 heiratete, gehörte dem Geschlecht derer von Meinhövel an, deren Stammhaus im Norden von Nordkirchen am Teufelsbach lag. Aus dem Doppelnamen "Meinhövel zu Davensberg" folgert wohl zu Recht der Kaplan Julius Schwieters in seinem Buch "Geschichtliche Nachrichten über den östlichen Teil des Kreises Lüdinghausen, Münster 1886 S. 133/34, daß zeitlich vor den Herren von Meinhövel zu Davensberg eine Familie mit dem Namen "de Davensberge" existiert haben muß, die als Begründer des Hauses Davensberg und als die Erbauer der ersten Burg anzusehen sind. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts muß die Familie erloschen sein, denn schon um das Jahr 1185 wird als Besitzer der Burg Davensberg ein "Herimanus von Meinhövel" genannt. Mit den Herren von Büren rückt das Haus Davensberg in das Licht der Geschichte. Aus der oben erwähnten Bulle des Papstes Innozenz VIII. erfahren wir, daß Balthasar von Büren, wie gesagt der vierte Nachfolger des Begründers der Davensberger Linie, sich im Jahre 1497 an den Papst wandte mit der Bitte um die Genehmigung, entweder seine alte, dem Papst Silvester geweihte Kapelle, die "usque ad ruinam devenit" "bis zur Ruine verfallen war", wieder aufzubauen oder eine neue Kapelle zu errichten. Er begründete sein Anliegen damit, daß für ihn und seine Familie der Weg zum sonntäglichen Gottesdienst in der zuständigen Pfarrkirche zu Ascheberg zu beschwerlich sei. Die Pfarrkirche sei eine mittlere deutsche Meile von seiner Burg entfernt. Der Weg dorthin führe durch Sümpfe und dichte Wälder und sei besonders in Kriegszeiten gefährdet durch Wegelagerer. Seine dem Papst Silvester geweihte Kapelle, die seine Vorfahren erbaut und mit reichlichen Einkünften versehen hätten, sei heute verfallen und ohne alle Mittel. Der Papst entspricht der Bitte unter der Bedingung, daß Balthasar für alle Zeiten den Unterhalt des Kaplans (capellanus perpetuus) an der Kirche sicherstellen mußte. Die Bulle ist gerichtet an den "Vorsteher der St. Mauritzkirche zu Münster außerhalb der Mauern" und an den "Vorsteher der Kirche St. Paul, der Älteren, zu Münster innerhalb der Mauern". Diesen wird der Auftrag erteilt, dem Bittsteller, dem Edlen Herrn Balthasar von Büren und seiner Gemahlin, der Edlen Frau Elisabeth von Wickede, unter der Voraussetzung, daß sie "frei seien von kirchlichen Strafen und Zensuren", die Genehmigung zum Bau der Kapelle zu erteilen. Balthasar entschließt sich zum Bau einer neuen Kapelle, die er in den Jahren 1497 - 1510 wahrscheinlich über den Grundmauern der alten Silvesterkapelle errichten läßt. Bei den Renovierungsarbeiten der St. Anna-Kapelle in den Jahren 1974 / 1975 wurden bei Anlegung der Fußbodenheizung alte Mauerreste entdeckt, in denen große Findlinge vermauert sind. Seinem Charakter nach dürfte das Mauerwerk einer weit älteren Zeit angehören. Es liegt nahe, daß es sich hier um die Grundmauern der alten Silvesterkirche handelt, von der es in der Urkunde heißt, daß sie "bis zur Ruine verfallen" war. |
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Dr. Meinert, Pfarrer (entnommen dem Buch "Davensberg, Burg und Flecken", Wilhelm Henrichmann, Heimatverein Davensberg) |