Atelier im Burgturm: Friedrich Press
Nach seiner Holz- und Steinbildhauerlehre in Münster besuchte Friedrich Press von 1924 - 1926 die Kunstgewerbeschule in Dortmund; von 1926 - 1927 studierte er in Berlin-Charlottenburg bei Professor Perathoner sowie von 1927 - 1931 an der staatlichen Kunstakademie in Dresden bei Prof. Georg Wrba. Ab 1931 arbeitete Press freischaffend in Davensberg, später dann in Dresden. Nach seiner Gefangenschaft lebte und arbeitete Friedrich Press in Dresden.
Ausstellungen in ganz Deutschland In vielen Städten fanden nach Kriegsende Ausstellungen mit Entwürfen, Zeichnungen und Holzplastiken statt, so z. B. in Berlin. Bremen, Darmstadt, Dortmund, Dresden, Erfurt, Graz, Hamburg, Leipzig, Marburg, Münster, Rom, Weimar, in der Kath. Akademie in Schwerte vom 6. 1. - 28. 2. 1985, die auch eine Reihe Ascheberger und Davensberger Bürger besuchten, darunter eine offizielle Abordnung des Heimat- und Verkehrsvereins. An Inhalten festgehalten! In einer eindrucksvollen Feierstunde verlieh namens der Gemeinde Ascheberg Bürgermeister Schütte-Nütgen dem berühmten Sohn der Gemeinde am 24. 5. 1985 das Ehrenbürgerrecht: "Sie sind uns ein Vorbild, weil Sie Zeit Ihres Lebens sich selbst treu geblieben sind." Der Festredner Will Schwarz betonte insbesondere die Standfestigkeit Friedrich Press. Er habe trotz "wechselnder Erscheinungen der Zeit" an seinen von ihm gewählten Inhalten festgehalten. "Kunstwerke, die Press geschaffen hat, sind Assoziationen von Geist und Zeit; sie setzen Geistesverwandtschaft voraus. Sie entziehen sich dem, der nicht bereit ist, sich ganz dem Gefühl hinzugeben", fuhr Will Schwarz fort. "Was Press faszinierte, war das Leiden des Nazareners". Wer sich den Werken Press' aufgeschlossen zeige, erlebe eine Erweiterung seines Bewußtseins. Press hatte vom Herzog von Arenberg den mittelalterlichen Turm auf Lebenszeit gemietet. Doch war er hier nur in den Jahren 1931 bis 1935 tätig. Über diese Zeit hat uns Friedrich Press 1985 folgenden Bericht überreicht: "Meine Jahre im Turm haben mich geformt, die möchte und kann ich nie vergessen!" "Ostern 1931, nach Beendigung meiner Studienzeit, zog ich in den Turm ein, den ich Weihnachten 1930 gemietet hatte. 6 Millionen Erwerbslose standen ringsum, und da versuchte ich als freischaffender Künstler, mir einen Weg am Kunsthimmel zu bahnen. Man kam mir großzügig entgegen, als Miete mußte ich die Steuer zahlen, und die betrug "5 Mark im Jahr". Ich dachte, das wirst du wohl schaffen, wußte aber noch nicht, daß es mir mal schwer fallen würde, auch diese Summe aufzubringen.
Plastiken aus Lehm Der Turm war nicht nur mein Atelier, er wurde fast täglich von Ausflüglern besucht. Unter diesen war der Landgerichtsdirektor T. aus Dortmund, der mir den Auftrag gab, eine gotische Madonna in Holz zu kopieren. Frau Regina Wentrup, die Besitzerin der Ziegelei in Ascheberg, ging mit Freude und Spaß auf meine Bitte ein, aus ihrem Lehm Plastiken zu modellieren und in ihrem Ringofen zu brennen. Die erste Arbeit war das Portrait meiner Mutter aus gelbem Lehm. Ich habe weitere Arbeiten dort gebrannt: die Portraits "Regina", Amtmann Lüffe, Heine Hölling, Junglehrer Willi Otte und die Großplastik Christus der Kinderfreund für die Schule in der Westerbauer.
Arbeiten zur Akademieausstellung Groß waren damals die Aufträge noch nicht, aber ich wurde in die Künstlervereinigung "Westfälische Künstler und Kunstfreunde" aufgenommen und stellte 1931 mit in Dortmund aus. 1932 kam die Ausstellung ins Landesmuseum Münster. Ich war mit zwei Arbeiten, einem Christuskopf in Eiche und einer sitzenden Madonna in Kirsche vertreten. Die Monatszeitschrift "Das schöne Münster" brachte ein ganzes Heft über diese Ausstellung und bildete unter anderem meinen Christuskopf ab. Daraufhin bekam ich im Herbst die Einladung, beide Arbeiten zur Akademieausstellung in Berlin einzureichen. Käthe Kollwitz eröffnete die Ausstellung und erwähnte in ihrer Ansprache auch meine Arbeiten. Einige Wochen später, nach dem Umsturz, wurde die Ausstellung geschlossen und meine Arbeiten zurückbehalten. Den Christuskopf bekam ich im August zurück, und in Dresden bekam ich zwei Jahre Ausstellungsverbot. Nach 53 Jahren zurück Mit meiner Galoppkarriere wars vorläufig vorbei. Hier muß ich nun erwähnen, man hat jetzt 1985 zu der Ausstellung "Dresden mahnt" meinen Christuskopf geholt und hier in Dresden ausgestellt, 53 Jahre, nachdem ich ihn angefertigt habe. Auf dem Turm fertigte ich 1932 noch das Kriegerdenkmal für die Gefallenen der Winterschule in Ascheberg und die Kopie des Kreuzes in der Davert als Grabmal für Schulze-Pellengahr, die Madonna für die Kirche in Dortmund-Barop (im Krieg zerstört) und das Relief am Domhof in Nordkirchen. 1935 mußte ich den Turm verlassen! Nicht nur Arbeit, auch Feste Das ist ein kurzer Überblick über meine Jahre im Turm. Aber nicht nur Arbeit gab es da! Wir waren jung und froh, und einige schöne Feste hat es im Turm auch gegeben. Und nicht zu vergessen die lieben guten Nachbarn vom Turm, an der Spitze "Natz Schnubels" und sein Sohn Heine Merten. Ich brauche sie ja nicht alle aufzuzählen, mit denen ich viele unvergeßliche Stunden in Davensberg verlebt habe, an die ich täglich zurückdenke. Ich grüße alle Davensberger, besonders die Alten von damals!" Press schreibt uns in seinem Brief: "1935 mußte ich den Turm verlassen." Deutlicher weist Dr. Bärbel Stephan, Staatl. Kunstsammlungen Dresden, auf diese unglücklichen Zeiten hin: "Press wird es beklemmend zumute in der Einsamkeit Westfalens. Er richtete sich in Dresden, auf der Schweizer Straße 19, ein zweites Atelier ein. Bei einem seiner folgenden Aufenthalte in Davensberg malte er. "Ari", das Porträt seiner Schwester Beate, entsteht Anfang des Jahres 1935 (Öl auf Leinwand). Es offenbart in seiner soghaften mondänen Sinnlichkeit zugleich existentielle Gefährdung und Zukunftsängste. Hugo Zehders Zeilen zu Otto Dix scheinen hier auch für Press Gültigkeit zu erreichen: "Wie eine Axt schwingt er den Pinsel, und jeder Hieb ist ein Farbenschrei. Die Welt ist ihm gebärendes Chaos." Zugleich modelliert er aus aktueller Problematik heraus die "Gefesselte", eine an Hand und Füßen gebundene lebensgroße Frauengestalt. Das sollte seine letzte Arbeit in Davensberg werden. 1935 wurden durch nationalsozialistisch gesonnene Bürger die Press'schen Skulpturen aus dem Turmatelier entfernt und der Turm zu einer "heroischen Jugendstätte" umfunktioniert. Press ließ sich endgültig in Dresden nieder (Ausstellungskatalog: Friedrich Press, Bildhauerei, 1991, S. 18).
Zu der als Jubiläumsausstellung geplanten Werkschau, die durch den plötzlichen Tod Press am 5. Februar 1990 in Dresden zu einer Gedächtnisausstellung wurde, durften wir diese Weihnachtsdarstellung ausstellen:
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Wilhelm Henrichmann entnommen dem Buch "Davensberg, Burg und Flecken, Wilhelm Henrichmann, Heimatverein Davensberg) |