Davensberg - Das Tor zur Davert

Der Rentmeister Schenkwald

In die Davert verbannt
In alten Zeiten lebte auf dem Schloß Nordkirchen ein Rentmeister namens Schenkewald, der die armen, ihm untergebenen Bauern unbarmherzig mißhandelte. Wenn ihm einer das Pachtgeld oder die schuldigen Zinsen nicht auf den Tag bezahlte, so fiel er ihn mit harten Worten an.

 

Er ließ sich heimlich für seine Nachsicht Geld und Hühner bringen und ließ auch wohl den armen Schuldner von Haus und Hof werfen oder durch das Gericht auspfänden. Schon eine Menge Bauern waren durch seine Habsucht und Unbarmherzigkeit arm geworden, als er endlich an einer ganz plötzlichen Krankheit starb. Das war ein Jubel unter den Bauern, als Schenkewald tot war! Nur die vornehmen Leute gingen mit seiner Leiche, und tausend Flüche folgten ihm in sein Grab.

Kaum aber war er begraben, als man im Schloß Nordkirchen bemerkte, daß Schenkewald spuken gehe. Nachts hörte man ihn die Treppen auf- und ablaufen und entsetzlich heulen, andere sahen ihn, an einem Tisch sitzend, Geld zählen, und wenn sie näher kamen, war er plötzlich verschwunden. Die Bewohner des Schlosses Nordkirchen waren dieser Spukereien so müde, daß sie mehrere Messen lesen ließen und Gott baten, den Geist aus dem Schloß zu verbannen.

Als dies geschehen war, hörte man in einer finsteren stürmischen Nacht den Schenkewald ärger als je umherpoltern. Plötzlich wurde die Hausglocke am Schloß gezogen, die Bediensteten sahen zum Fenster hinaus und erblickten eine prächtige Kutsche mit vier kohlschwarzen Pferden vor der Tür. Darin saßen zwei Kapuzinermönche, die ausstiegen, mit ruhigen Schritten stillschweigend in das Schloß gingen und alsbald mit Schenkewald, den sie in der Mitte führten, wieder herauskamen. Alle drei stiegen in den Wagen, Schenkewald saß zwischen den Kapuzinern, eine Peitsche knallte und mit Blitzesschnelle fuhr der Wagen davon auf dem Weg in die Davert.

Seit Schenkewald von Nordkirchen abgeholt war, wurde es auf dem Schloß still. In der Davert aber fährt er seitdem bis auf den heutigen Tag mit den beiden Kapuzinern und in demselben Wagen Tag und Nacht umher. Eine Menge Leute haben ihn fahren sehen und beschreiben bis auf den kleinsten Umstand, wie er aussieht. Auch ist schon mehreren begegnet, daß sie den Wagen für eine herrschaftliche Kutsche hielten und sich hinten aufsetzen wollten. Kaum hatten sie ihn aber berührt, so flog der Wagen mit den Pferden hoch durch die Lüfte davon.